Stephanuspreis für verfolgte Christen an Menschenrechtler aus Nigeria

Jun 30, 2020 | Meldungen

Der nigerianische Priester und Menschenrechtler Obiora Francis Ike mit der Stiftungsvorsitzenden Michaela Koller
Der nigerianische Priester und Menschenrechtler Obiora Francis Ike mit der Stiftungsvorsitzenden Michaela Koller

Stephanuspreis für verfolgte Christen an Menschenrechtler aus Nigeria

Der nigerianische Priester und Menschenrechtler Obiora Francis Ike hat am 3. Juli den diesjährigen Stephanuspreis für verfolgte Christen in Genf in der Zentrale des Weltkirchenrates erhalten. Aufgrund der COVID-19-Pandemie fand die Übergabe der Auszeichnung unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Der Theologe und Sozialethiker fungiert als Direktor der schweizerischen Stiftung Globethics.net, die dort ihren Sitz hat. Von 1998 bis 2009 war er Generalvikar des katholischen Bistums Enugu im Süden Nigerias. „Professor Ike ist Brückenbauer zwischen Europa und Afrika, Muslimen und Christen sowie zwischen Gegenwart und Zukunft. Wir ehren ihn, weil er trotz der Gefahr für sein Leben unbeirrt und emsig an seinem Einsatz besonders für die junge Bevölkerung seiner Heimat festhält. Wir würdigen seine überzeugenden Bemühungen für mehr Frieden und Zuversicht“, erklärt der Vorstand der Stiftung.

Obiora Ike hat mehr als 20 regierungsunabhängige Organisationen gegründet. Darunter ist das Katholische Institut für Entwicklung, Gerechtigkeit und Frieden (CIDJAP), das seit 1987 ein Patenschaftsprogramm für Bildung betreibt, welches auch aus Deutschland und Österreich unterstützt wird. Ike, der fließend Deutsch spricht, studierte in Innsbruck und wurde auch in Österreich 1981 zum Priester geweiht. An der Universität Bonn folgte 1985 seine Promotion mit einer Doktorarbeit über ein Thema der katholischen Soziallehre und dessen Bedeutung für Afrika.„Bildung gibt einem Kind einen Schlüssel für die Zukunft“, sagt er.

Mit seinem Programm tut der 1956 in Nordnigeria geborene Ike genau das, was die islamistische Terrormiliz Boko Haram bekämpft. Deren Name bedeutet übertragen: Keine Ausbildung, keine westlichen Werte, keine Zivilisation. Seit vielen Jahren brennen diese Terroristen Schulen, Kirchen und Moscheen nieder. Sie bekämpfen die Muslime, die sich nicht ihrer Weltsicht anschließen und verfolgen die Christen, für die Nordnigeria bald schon zu einem der gefährlichsten Orte auf der Welt geworden ist. Inzwischen herrscht in ganz Nigeria ein hohes Maß an Unsicherheit. Die Christen werfen ihrer Regierung vor, auf die blutige Herausforderung viel zu dürftig zu reagieren. Für mehr Schutz gingen sie schon demonstrieren, von Europa und Amerika weitgehend unbeachtet.„Ich nehme diesen Preis auch im Namen all derer dankend an, die auf die Versöhnung zwischen den verschiedenen Religionsgemeinschaften hinwirken und die, die auf eine Zukunft ohne Benachteiligung hinarbeiten“, sagte Obiora Ike bei Entgegennahme des Preises in Genf.Im Oktober 2002 entging Obiora Ike selbst nur knapp einem Mordanschlag. Im November 2012 stürmten Terroristen eines Sonntags in den frühen Morgenstunden die katholische Kirche Sankt Leo in Enugu, wo Prälat Obiora Ike wirkte, und zerstörten das Inventar. Daraufhin ermutigte er die Gläubigen, standhaft im Glauben auszuharren und den Angreifern zu vergeben.Die Auszeichnung ist nach dem Diakon der christlichen Urgemeinde, Stephanus, benannt, der als erster Märtyrer wegen seines Bekenntnisses zu Jesus Christus gesteinigt wurde. Zu den früheren Preisträgern zählen Kardinal Joseph Zen aus Hongkong, der persönlich im April 2018 den Preis international stark beachtet entgegen nahm, der chaldäisch-katholische Patriarch Kardinal Louis Raphael I. Sako, der vietnamesische Menschenrechtler und christliche Anwalt Nguyen Van Dai und die pakistanische Menschenrechtsanwältin Aneeqa Anthony. Zwei Preisträger sind nach der Auszeichnung den Märtyrertod gestorben: der erste Preisträger, Ranjha Masih, ein mit Asia Bibi vergleichbarer Fall angeblicher Blasphemie, der an den Folgen eines Racheaktes starb, sowie der am 7. April 2014 von einem Al-Nusra-Kämpfer ermordete Jesuitenpater Frans van der Lugt aus Homs in Syrien. Die Stephanus-Stiftung für verfolgte Christen gewährt zum Beispiel Zuschüsse zur Ausbildung, wenn Opfer aufgrund von Diskriminierung davon ausgeschlossen sind oder zahlt Beiträge zu Anwaltskosten, die im Zusammenhang von Verfolgung anfallen. Sie engagiert sich in diesem Sinne in Ägypten, im Libanon, Irak und in Asien und demnächst auch in Afrika.Eine öffentliche Feier mit Laudatio des bekannten katholischen Publizisten Martin Lohmann wird voraussichtlich im nächsten Jahr nachgeholt.

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