Frankfurt/Main am Stephanustag 2025
Liebe Freunde und Förderer!
Im Namen der Stephanus-Stiftung für verfolgte Christen wünsche ich Ihnen eine freud- und friedvolle Weihnachtszeit 2025/2026 voller Segen und Gnaden! Alljährlich blicken wir am Gedenktag des heiligen Stephanus, den wir heute begehen, des ersten Märtyrers des Christentums, auf das zurückliegende Jahr unserer Arbeit für verfolgte und bedrängte Christen zurück. Stephanus war Diakon der Urgemeinde in Jerusalem – eben dort, wo die Geschichte unseres Glaubens begonnen hat. Ganz in der Nähe der heiligen Stadt befindet sich Bethlehem, auf das wir Christen erst gestern noch geschaut haben.
Ich persönlich stehe noch stark unter dem Eindruck eines neuen Blicks auf die Geburtsstätte Jesu, den ich wohl so schnell nicht vergessen werde. Erstmals habe ich die Mitternachtsmesse in der Katharinenkirche von Bethlehem per Live-Stream verfolgt. Seit Ausbruch des Kriegs waren dort die Christen nicht mehr in so großer Zahl zu Weihnachten zusammengekommen. Der Lateinische Patriarch, Kardinal Pierbattista Pizzaballa, berichtete in seiner Predigt von seinem Besuch einige Tage zuvor bei der Gemeinde in Gaza und davon, wie ihre Mitglieder nach vorne blickten, zum Wiederaufbau entschlossen, voller Widerstandskraft. Diese hoffnungsvolle Botschaft wirkte ansteckend, auch bei uns an den Bildschirmen.
Ich war dabei in einem sogenannten „Social Viewing“ mit einer Christin in Teheran verbunden, die die Christmette von dort verfolgte, schon viel für ihren Glauben gelitten hat und auch weiterhin durchmacht. „Aber heute Nacht zählt für mich nur, dass uns der Erlöser geboren ist“, sagte sie, nachdem die Prozession in Bethlehem im Anschluss an die Christmette bei der Geburtsgrotte angekommen war. Wir sahen, wie der Patriarch im nächsten Moment die Figur des Jesuskindes in den Glasschrein legte; die Kamera zoomte die Szene nun ganz nah heran. Beide richteten wir unseren Blick auf das Kind in der Krippe und schickten uns Bilder davon über einen Kurznachrichtendienst. Das ist Weihnachten 2025: Verbunden mit der verfolgten, aber wachsenden Kirche richten sich unsere Augen auf Christus, unseren Erlöser.
Unsere Glaubensgeschwister nicht nur im Heiligen Land und im Iran, sondern auch zahlreiche bedrängte und verfolgte Christen in vielen Teilen Asiens, Lateinamerikas und Afrikas zeigen erstaunliche Resilienz, insbesondere dann, wenn wir ihnen unsere Aufmerksamkeit schenken und uns hilfsbereit zeigen.
Erlauben Sie mir, an dieser Stelle das Schicksal einer christlichen Familie aus Pakistan beispielhaft darzustellen: Der Sanitäter James Masih lebte mit seiner Familie in der Ortschaft Chobara in der Provinz Punjab. Eines Tages wurde er Opfer einer Falschanzeige wegen angeblicher Beleidigung der islamischen Religion. Eine geringfügige Meinungsverschiedenheit am Arbeitsplatz war dem Vorwurf vorausgegangen. Ein Video, in dem zu Gewalt gegen ihn aufgerufen wurde, ging viral und bedrohte seine Sicherheit. Auch seine Familie und Nachbarn gerieten in Gefahr, da dieser Fall nicht der erste gewesen wäre, in dem Mobgewalt ein ganzes Stadtviertel zerstört – dschihadistischer Terror als „spontaner Volkszorn“ getarnt.
Die Anschuldigung zwang James, seine Frau und ihre drei Kinder – Sneha (16), Ahm (12) und Arid (8) – dazu, aus ihrem Zuhause zu fliehen und unterzutauchen. James verlor seinen Job und konnte aufgrund anhaltender Stigmatisierung fast zwei Jahre lang keine neue Arbeit finden. Unsere Partnerorganisation „Human Friends Organization“ (HFO) eilte zur Hilfe. Neben emotionaler und ganz praktischer Unterstützung bezahlte HFO – Dank der Förderung der Stephanus-Stiftung für verfolgte Christen – die erforderlichen Anwaltskosten. Die Organisation hatte zuvor schon Unterkunft und Verpflegung für die Familie zur Verfügung gestellt und war daher für unsere Hilfe besonders dankbar: James Masih hat nun wieder einen Job bekommen, der es ihm ermöglicht, selbst für sich und seine Familie zu sorgen. Mit der Angst davor, dass nochmals etwas gegen ihn aufkommt, hat der Familienvater leben gelernt. Immerhin konnten wir ihm aber das Gefühl der Ohnmacht nehmen.
Ein weiterer Schwerpunkt unserer Arbeit in diesem Jahr galt den Christen in Syrien, wo am 8. Dezember 2024 das Assad-Regime gestürzt wurde. Wir haben im Jahr 2025 die katholische Initiative der „Blauen Maristen“ mit unserem Stiftungspreis geehrt und diese Auszeichnung nahm Dr. Nabil Antaki bei einem Festakt entgegen. Er gründete mit seiner Frau Leyla sowie Frère Georges Sabé diese Gruppe von Ordensmännern und Laien. Frère Georges schrieb kürzlich aus Aleppo: „Im Wesentlichen bleibt eine gewisse Angst, die sich in den Herzen der Bürger festgesetzt hat: Sie betrifft die Zukunft des Landes. In den Köpfen der Menschen tauchen daraufhin mehrere Fragen auf: Wird die neue Verfassung einen islamischen Staat schaffen, der von der muslimischen Scharia inspiriert ist? Was wird aus den verschiedenen Komponenten des syrischen Sozialgefüges?“
In dieser Situation der Ungewissheit sehen wir unsere Aufgabe darin, Hoffnung zu schenken und dazu beizutragen, die Angehörigen der christlichen Minderheit für die Teilhabe an der Zukunft der syrischen Gesellschaft zu stärken. Wir konzentrieren uns dabei insbesondere auf die Förderung der Bildung christlicher junger Menschen, die etwa durch den zurückliegenden Bürgerkrieg Schulunterricht versäumt haben. Die „Blauen Maristen“ bieten dazu Unterstützung vor Ort durch Nachhilfe-Programme an.
Mit Ihrer Hilfe werden wir weiterhin gegen die um sich greifende Ohnmacht vorgehen und unsere Hand ausstrecken, um unsere verfolgten christlichen Brüder und Schwestern aufzurichten und zu stützen.
Herzlich grüßt
Michaela Koller – Vorsitzende des Vorstands
Foto: Das Kind in der Krippe von Bethlehem (Symbolbild); Foto: M. Koller
