Mutig bis in den Tod: Märtyrer für Gewissen, Recht und Freiheit

Sep 29, 2024 | Märtyrer des Monats, Meldungen

Märtyrer des Monats Oktober 2024

Jerzy Aleksander Popiełuszko, geboren am 14. September 1947 in Okopy, stammte aus bescheidenen dörflichen Verhältnissen im Nordosten Polens. Nach seiner Priesterweihe und einigen Kaplansjahren wurde er Studentenpfarrer, später Seelsorger für die Warschauer Stahlarbeiter während des nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch motivierten Streiks im Jahre 1980.

Am 19. Oktober 1984 wurde der glaubensstarke Priester bei Torun (Thorn) von drei Geheimdienstoffizieren entführt, brutal misshandelt und im Weichsel-Stausee bei Wloclawek ertränkt. Sechs Tage zuvor war ein Steinwurf-Anschlag auf sein vorbeifahrendes Auto gescheitert.

Der unbeugsame Geistliche wurde bereits zuvor mit staatlichem Mobbing, Bespitzelungen, zahlreichen Verhören, Sprengstoffanschlägen gegen sein Pfarrhaus und Morddrohungen verfolgt. Man versuchte, ihn einzuschüchtern, weil er die kommunistische Diktatur öffentlich kritisierte, besonders das Verbot der Gewerkschaft Solidarnosc. Er wurde vor und nach seinem Tod in Polen zur Symbolfigur des Widerstands gegen das kirchenfeindliche Regime.

Seine Beisetzung erfolgte am 3. November 1984 in seiner Warschauer Stanislaw-Kostka-Gemeinde. Mit 800.000 Trauergästen wurde die Beerdigung indirekt zu einer Kundgebung für Freiheit und Gerechtigkeit – und gegen die staatliche Tyrannei von Moskaus Gnaden.

Am 6. Juni 2010 wurde Popiełuszko auf dem Pilsudski-Platz in Warschau vor rund 200.000 Gläubigen und in Anwesenheit seiner Mutter Marianna von der katholischen Kirche feierlich als Märtyrer zur Ehre der Altäre erhoben. Die Seligsprechung wurde von Erzbischof Angelo Amato als Vertreter von Papst Benedikt XVI. vorgenommen.

Im Jahr 2009 entstand in Polen ein Drama-Spielfilm über sein Leben mit dem Titel „Popieluszko. Wolnonosc jest w nas“ (Die Freiheit liegt in uns). Bald danach wurde ein noch ausführlicherer, vierteiliger Fernsehfilm über das Leben des polnischen Heldenpriesters gedreht.

Zwischen Pfarrer Popieluszko und der lnternationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) bestand ein vertrauensvoller persönlicher Kontakt; seine Pfarrgemeinde wurde mit Hilfslieferungen der IGFM versorgt. Auch Persönlichkeiten der „Stephanus-Stiftung für verfolgte Christen“ waren mit dem tapferen Priester verbunden, zumal es sich bei der Stiftung um eine mit Hilfe der IGFM gegründete Initiative handelt. Im Jahr 1985 erschien im Auftrag der IGFM die Dokumentation von Siegfried Lammich „Der Popielusko-Prozess“ im Verlag Wissenschaft und Politik mit einem Geleitwort des Augsburger Bischofs Josef Stimpfle.

Der todesmutige Bekenner zelebrierte nicht nur in seiner Warschauer Stanislaw-Kostka-Kirche, sondern zum Beispiel auch in Warschau, Danzig oder in dem bekannten Marienwallfahrtsort Tschenstochau, in dem die sogenannte „Schwarze Madonna“ verehrt wird.

Vor allem seine unzweideutigen Predigten gingen wie ein Lauffeuer durch das freiheitsdurstige Land. So sagte er bei einer Messe in Danzig am 13. August 1983, dem Gedenktag des 1981 eingeführten Kriegsrechts:
„Wir brauchen die Madonna als Mutter, die uns die Hoffnung auch jetzt nicht verlieren lässt, da eben eine neue Gelegenheit zur Versöhnung begraben worden ist. Weil man die Amnestie einseitig zum Vorteil des Regimes manipuliert hat. Weil das juristische Labyrinth an Gesetzen und Vorschriften nur als Mittel zur Einschränkung der bürgerlichen Freiheiten gedacht ist. Weil die Aufhebung des Kriegszustandes unsere Handschellen nur zum Schein lockert, indes man unser Herz und unseren Verstand in noch härtere Ketten legt. Unsere Brüder, die für uns das Symbol des unaufhörlichen Kampfes um die Menschenrechte bleiben, werden weiterhin in den Gefängnissen festgehalten; jene aber, auf die das Amnestiegesetz seine Anwendung fand, werden als Geiseln behandelt.“

Er predigte nicht nur glaubensstark und spendete mit pastoralem Eifer die Sakramente, sondern war zudem sehr hilfsbereit und einsatzfreudig. Er besuchte Menschen, die ihren Arbeitsplatz verloren hatten, ebenso die Angehörigen von politischen Häftlingen und er ging mit ihnen zu den Gerichtsverhandlungen. Er forderte öffentlich Amnestie für Gewissensgefangene sowie die Wiedergutmachung des ihnen zugefügten Unrechts.

Der couragierte Gottesmann hielt monatlich eine besondere „Messe für das Vaterland und für alle, die für das Vaterland leiden“, zu der immer mehr Gläubige dazuströmten. Sein Gottesdienst wurde per Lautsprecher auf den Kirchplatz übertragen. Er betonte in seinen Predigten die Freiheit des Gewissens und stellte klar, dass es bisweilen nötig sei, für die Wahrheit zu leiden.

So erklärte er zum Beispiel in seiner Predigt vom 29. Januar 1984 in Warschau:
„Auch durch die Arbeit kann man den Menschen erniedrigen und entwürdigen, wenn man ihn zum bloßen Arbeitswerkzeug macht. Ein rein materialistisches Profil macht den Menschen zum Sklaven seiner eigenen Produkte und entwertet ihn. Man darf niemals die Wahrheit vergessen, dass wir zur Bewahrung unseres Glaubens und unserer Würde sogar unsere Freiheit opfern können, dass wir aber nicht umgekehrt zur Bewahrung unserer Freiheit unseren Glauben und unsere Würde als Kinder Gottes opfern dürfen.“

Felizitas Küble

Foto: Jerzy Popieluszko; Urheber unbekannt, nach polnischem Recht Gemeingut

 

DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner