Ein unermüdlicher Seelsorger und Judenretter

Jul 31, 2024 | Märtyrer des Monats, Meldungen

Märtyrer des Monats August 2024

140. Geburtstag des seligen Emilian Kovch

Der kommende 20. August ist der 140. Geburtstag des seligen Märtyrerpriesters Emilian (Omelyan) Kovch. Er wurde 1884 in eine ukrainische Priester-Familie im südgalizischen Dorf Kosmach bei Kosiv, das damals zu Österreich-Ungarn gehörte, hineingeboren. Nicht nur sein Vater war ukrainischer griechisch-katholischer Priester, sondern auch bereits der Vater seiner Mutter. Bemerkenswert ist, dass seine drei Schwestern jeweils auch Männer heirateten, die Priester wurden. Kovch besuchte das Gymnasium in Lemberg, dem heutigen Lviv, und studierte schließlich in Rom an der Universität Urbaniana. Während seines Theologie-Studiums und der Vorbereitung auf den priesterlichen Dienst war er dort Seminarist am Griechisch-Katholischen Kolleg Sankt Sergiu und Bacchus. Im Jahr 1910 heiratete er Maria-Anna Dobrianska, die von Professor Boris Gudziak als „vorbildliche Partnerin in seinem Apostolat“ bezeichnet wird. Maria-Anna gebar sechs Kinder, die sie miteinander groß zogen, während sie zusätzlich häufig Waisenkinder zur Pflege aufnahmen.

Im Jahr 1911 wurde Kovch im Alter von 27 Jahren von Bischof Hryhorii Khomyshyn zum Priester geweiht. Dieser Bischof ging später ebenso wie der junge Priester den Weg des Martyriums und wurde viele Jahre darauf bei derselben Feier der heiligen Messe selig gesprochen.

Im Jahr 1912 begleitete Kovch griechisch-katholische Emigranten: In der kleinen Stadt Kozarac, 35 Kilometer nordwestlich von Banja Luka im heutigen Bosnien-Herzegowina, übernahm er den Pfarrdienst. Die Realität der religiösen Vielfalt sollte ihn dort noch in anderer Weise begleiten, als er dies ohnehin schon aus der Heimat kannte, im Zusammenleben mit Christen unterschiedlicher Bekenntnisse und Riten sowie mit Muslimen. Nachdem er 1916 zurückgekehrt war, folgten drei Jahre des pastoralen Dienstes, bis er 1919 Militärgeistlicher der ukrainisch-galizischen Armee wurde.

Die ukrainischen Unabhängigkeitsbestrebungen waren schließlich nicht von Erfolg gekrönt und so berief die ukrainische griechisch-katholische Kirche Kovch Anfang der zwanziger Jahre zurück in den Pfarrdienst. Er übernahm die Pfarrei Sankt Nikolai in der galizischen Stadt Peremyshliany. Obwohl er ein guter Freund seiner polnischen Mitbürger war, bemühte er sich sehr, seine ukrainische Identität und die der ihm anvertrauten Gemeinde zu bewahren und zu beschützen. Gudziak schildert den Dienst Kovchs in dieser Zeit in der englischsprachigen Zeitschrift „Ukrainian Weekly“ vom 26. August 2012 auf Seite 8 wie folgt: „Durch die Zwischenkriegsjahre hindurch entwickelte Pfarrer Omelian einen lebhaften Dienst, der ein reiches liturgisches Leben mit einschloss, er organisierte kulturelle Aktivitäten und ein vielseitiges soziales Hilfsangebot.“ Früh fiel er schon als ausgezeichneter Prediger und Tröster seiner Gemeinde auf. Kovch setzte sich außerdem noch publizistisch mit den liturgischen und pastoralen Herausforderungen der Kirche seiner Zeit auseinander, wodurch er sich nicht nur als tatkräftiger, sondern zugleich als geistig sehr fundierter Seelsorger erwies.

Sein unermüdliches Engagement gefiel jedoch der Obrigkeit der Zweiten Polnischen Republik nicht, die in jener Zeit dort das Sagen hatte. So berichtet der Autor von 40 Hausdurchsuchungen in neun Jahren zwischen 1925 und 1934, die der Pfarrer über sich ergehen lassen musste, in deren Folge er wiederholt festgenommen und verhört wurde. Im Zweiten Weltkrieg war der Ort kurzzeitig von der Sowjetunion und dann von 1941 bis 1944 von Nazi-Deutschland besetzt. Die Nationalsozialisten errichteten dort ein Ghetto für die jüdische Bevölkerung, wo es am 23. Mai 1943 zu Massenerschießungen kam. Kovch bemühte sich im Vorfeld nach Kräften, Juden zu retten, in dem er sie entweder versteckte oder ihnen Taufbescheinigungen ausstellte. Der Gestapo blieb sein Einsatz nicht verborgen und sie nahm ihn im Dezember 1942 fest. Die Nazis brachten ihn ins Konzentrations- und Vernichtungslager Majdanek bei Lublin, wo er nach qualvollen 15 Monaten den grausamen Bedingungen, denen die Gefangenen dort ausgesetzt waren, am 25. März 1944 erlag. Selbst unter diesen Umständen ließ er nicht von seiner Sendung ab, den ihm Anvertrauten – in dieser Lage den Mithäftlingen – Trost zu spenden.

In einem überlieferten Brief, den er an Verwandte richtete, hinterließ er ein bemerkenswertes geistliches Zeugnis: „Ich verstehe, dass Ihr versucht, mich zu befreien. Aber ich bitte Euch, nichts zu tun. Gestern haben sie hier 50 Menschen getötet. Wenn ich nicht hier wäre, wer würde ihnen helfen, diese Leiden zu ertragen? Ich danke Gott für seine Güte. Außer im Himmel ist dies hier der einzige Ort, an dem ich sein möchte. Hier sind wir alle gleich: Polen, Juden, Ukrainer, Russen, Letten und Esten. Ich bin der einzige Priester hier. Ich kann mir nicht einmal vorstellen, was hier ohne mich passieren würde. Hier sehe ich Gott, der für alle gleich ist, unabhängig von den religiösen Unterschieden, die zwischen uns bestehen. Aber derselbe allmächtige Gott herrscht über sie. Wenn ich die heilige Messe feiere, beten alle… Macht Euch keine Sorgen und verzweifelt nicht an meinem Schicksal. Anstatt dessen erfreut Euch mit mir. Betet für diejenigen, die dieses Konzentrationslager und dieses System geschaffen haben. Sie sind die einzigen, die Gebete brauchen… Möge Gott ihnen gnädig sein.“

Am 27. Juni 2001 sprach ihn der polnische Papst Johannes Paul II. in Lviv in einem Gottesdienst im byzantinischen Ritus selig.

Michaela Koller

Foto: Emilian Kovch; Wikipedia, Creative Commons

 

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