Die Nazis konnten den mutigen Landauer Stadtpfarrer nicht brechen

Apr 2, 2024 | Märtyrer des Monats, Meldungen

Märtyrer des Monats April 2024

 

Am 2. April 1892 wurde Johann Baptist Huber geboren

Stadtpfarrer Johann Baptist Huber Priester des Bistums Passau * 2. April 1892 Alzgern (Lkr. Altötting) † 13. September 1942 Krankenhaus München-Schwabing Johann Baptist Huber, einer „unserer besten Priester“ (PA, fasc. 3, Beilage zum Schreiben vom 20.11.1937), fand wegen des Ersten Weltkriegs nur mit Verzögerung zum Priestertum. 1915 zum Kriegsdienst eingezogen, wurde der junge Mann von den soldatischen Tugenden der Geradheit, Tapferkeit und Kameradschaft ebenso wie vom Patriotismus stark geprägt. Der Glaube war das Fundament seiner Haltung. H. erlangte den Dienstgrad des Oberleutnants und den Rang eines Kompaniechefs im 17. Bayerischen Reserve-Infanterie-Regiment. Für Geleistetes und Erlittenes erhielt er mehrere Orden und Ehrenzeichen. Nach dem Krieg kehrte H. in das Herzogliche Georgianum nach München zurück, einen vorzüglichen Studienplatz für den Passauer Priesternachwuchs. Die Revolution unterbrach das Studium erneut. Vom Frühjahr 1919 bis zum Frühjahr 1920 kämpfte H. bei mehreren Freikorps-Einsätzen, die ihn von Passau bis ins Ruhrgebiet führten. Nicht erstaunlich ist, daß H. während dieser Zeit große Abneigung gegen das bolschewistische System entwickelte. Für seinen Freikorps-Einsatz erhielt H. noch 1938 die „Ehrenurkunde für Freikorpskämpfer“. Doch war bis dahin H.s patriotisch-konservatives Engagement bereits in deutlichen Gegensatz zur NS-Ideologie getreten. Der Krieg und die Revolutionszeit haben den jungen Menschen stark geprägt. Sie brachten ihn nicht von seinem Weg zum Priestertum ab. Am 29.6.1921 wurde H. im Passauer Dom zum Priester geweiht. Als junger Kooperator bemühte er sich in Passau um den Ausbau des Vereinswesens. Er nahm als Seelsorger für die kasernierte Landespolizei und später für die Reichswehr auch die Soldaten unter seine geistliche Obhut. Bei der Bewerbung H.s auf die Pfarrei Landau (1931) würdigte der Passauer Generalvikar Dr. Franz S. Riemer seine Leistungen: H. wirke „mit hingebendem Eifer und sehr großem Geschicke in allen Sparten der Stadtseelsorge, besonders aber im Vereinswesen (…). Er entfaltet eine wirklich opfervolle Arbeiterseelsorge, übt über den Kreis der Arbeiterschaft hinaus eine weitgreifende soziale Tätigkeit, betreut die Jugend unter großen persönlichen Opfern und versieht seit 6 Jahren in Helmut Moll (Hg. im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz), Zeugen für Christus. Das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts, Paderborn u. a. 1999, 7. überarbeitete und aktualisierte Auflage 2019, 609-611. mustergültiger Weise die Militärseelsorge in der Reichswehrtruppe des Standortes Passau“ (PA, fasc. 1, Schreiben vom 9.11.1931).

Am 16.1.1932 wurde H. Stadtpfarrer von Landau. Der in der BVP und ihrer Begleitformation, der „Bayernwacht“, engagierte Priester galt schon vor 1933 als herausragender Gegner des NS. Als die Machtübernahme durch die NSDAP herannahte, kam es zu Ausschreitungen gegen H.; beim „Pfarrhofsturm“ am 4.3.1933 verhinderte sein kraftvolles Auftreten eine weitere Eskalation. Im weiteren Verlauf des Jahres 1933 starteten die Nationalsozialisten eine Serie von Angriffen auf den Stadtpfarrer. Vom 28.6. bis 14.7.1933 musste er sich aus der Pfarrei zurückziehen, um der Schutzhaft zu entgehen; währenddessen wurde das neuerbaute Jugendheim der DJK für die HJ beschlagnahmt (und auch später nie mehr herausgegeben). Die Auseinandersetzungen gingen 1934 weiter. H. kämpfte unermüdlich für Kirche und Seelsorge, der Kreisleiter der NSDAP versuchte, ihn mit allen Mitteln zu brechen….

Auch in den folgenden Jahren wurde H. regelmäßig angegriffen, verfolgt, angezeigt und verurteilt. Er ließ sich davon jedoch nicht einschüchtern und kämpfte unerschrocken für die Wahrheit. Seine Predigten waren daher selbst von Gläubigen anderer Pfarreien gut besucht, weil man bei ihm „wenigstens noch in der Kirche erfährt, was die Zeitungen nicht schreiben dürfen“. Diese Wahrhaftigkeit und sein christlicher Glaube machten H. zum scharfen Widersacher der NS-Ideologie. Gegenüber den Verfolgern betonte er seine längst erwiesene patriotische Haltung: „Ich habe bisher meinen Dienst als ehem. Frontoffizier u. Freikorpskämpfer 1919/20 u. als nunmehriger Seelsorger (…) immer als Dienst an Gott, Volk u. Vaterland betrachtet mit dem Ziel, die mir seelsorgerlich Anvertrauten zu Gott – zur Kirche und zum Staat zu führen“.

Als Vorsitzender des Priestervereins der Diözese stärkte H. die abwehrende Haltung des Diözesanklerus gegenüber dem NS und wusste zu verhindern, daß die NS-Propaganda in den Reihen des Klerus Verwirrung stiftete. Als Landau 1939 einen neuen Bürgermeister erhielt, konnte H. zu diesem ein besseres Verhältnis herstellen als zu dessen Vorgänger, so daß sich in der Folge die Auseinandersetzungen etwas abschwächten, obwohl der Pfarrer nie unbehelligt blieb. 1940 etwa wurde er wegen der Grabrede für einen Gefallenen zu einer Geldstrafe verurteilt, die er jedoch nicht bezahlte. Daher wurde er am 24.3.1941 ersatzweise zu 10 Tagen Haft in das Landshuter Gefängnis eingeliefert. Aus seiner Erfahrung als aktiver Soldat des Ersten Weltkriegs sorgte sich H. ganz besonders um die im Kriegseinsatz stehenden Soldaten seiner Pfarrei. Er sammelte Nachrichten aus der Heimat, versah sie mit einem geistlichen Zuspruch und stellte daraus Briefe zusammen. Die vervielfältigten Texte lagen in der Kirche aus und konnten so von den Pfarrangehörigen an ihre Verwandten im Felde verschickt werden. Die Gestapo konstruierte daraus das Delikt einer unzulässigen Vervielfältigung und Verbreitung von Feldpostbriefen. Sie ließ H. deswegen am 14.4.1942 festnehmen und nach einem mehrstündigen Verhör in das Landgerichtsgefängnis Landshut überstellen. Dort saß H. mehrere Wochen lang ein, wobei ihm seine gefährliche Lage immer bewußter wurde. In Gedichten und Gebeten drückte er das Befinden seiner Seele aus, das von anfänglicher Gelassenheit und Heiterkeit über die fortschreitende Einsicht in den Ernst der Lage bis hin zur Erwartung und gläubigen Annahme des Todes voranschritt…

Trotz seiner Herzschwäche wurde H. am 5.6.1942 von Landshut in das KZ Dachau verbracht. Es ging der Gestapo nicht um die Feldpostbriefe, vielmehr sollte dieser energische Gegner des Systems „endlich einmal zur Raison gebracht“, die „Staatsautorität (…) nicht weiter (…) untergraben“ werden (PA, fasc. 5,2, Anlage zum Schreiben vom 28.4.1942). Die verheerenden Lebensbedingungen im KZ führten im Sommer 1942 zu einem Massensterben unter den dort inhaftierten Geistlichen. Als sich H. bei der Zwangsarbeit verletzte, unterblieb die medizinische Behandlung. Er erlitt eine schwere Blutvergiftung, der Gelbsucht und Lungenentzündung folgten. Erst nach längerer Krankheit wurde der fast schon sterbende H. aus dem Lager in das Krankenhaus München-Schwabing zur Behandlung gebracht, doch seine Lebenskraft war bereits so weit untergraben, dass er nach wenigen Tagen am 13.9.1942 verstarb.

Mit H. hatte das NS-System seinen vielleicht entschiedensten Gegner im Pfarrklerus der Diözese Passau beseitigt. Bis zu seiner mit dem Tod endenden Haft hat er gezeigt, daß Patriotismus keineswegs zwangsläufig zur Übernahme der NS-Ideologie führen mußte. Sein entschiedener und konsequenter Widerstand war für den Passauer Diözesanklerus beispielgebend. Deshalb verfolgten die lokalen und regionalen Funktionäre des Systems H. so lange, bis sie ihn endlich zur Strecke gebracht hatten.

Dieser Text ist eine für die Sozialen Medien aufbereitete, gekürzte Fassung aus „Zeugen für Christus. Das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts“ https://www.deutsches-martyrologium.de/export/sites/martyrologium/.galleries/dokumente/Stadtpfarrer-Johann-Baptist-Huber-Lebensbild.pdf

Foto: Neozoon – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=20536031

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