Märtyrer des Monats August 2023
9. August 2023 ist der 80. Todestag Franz Jägerstätters
Kindheit, Jugend, Vaterschaft und Heirat
Franz Jägerstätter wird am 20. Mai 1907 im oberösterreichischen St. Radegund in der Diözese Linz als Kind der ledigen Rosalia Huber geboren. St Radegund ist eine Gemeinde mit rund 600 Einwohnern nahe der deutschen Grenze bei Burghausen und liegt etwa 45 Kilometer von Salzburg entfernt. Die Mutter ist Bauernmagd und der Vater, Franz Bachmeier, darf als Knecht nicht heiraten. Die Erziehung des Kindes übernimmt die Großmutter, Elisabeth Huber, die als liebevolle, fromme und vielseitig interessierte Frau bekannt ist. In der Region ist die materielle Not während des Ersten Weltkrieges groß. In der Schule erfährt sich das Kind Franz aufgrund seiner Armut als benachteiligt. Der Vater fällt am 25.Oktober 1914 im Krieg. Die Mutter heiratet 1917 den Bauern Heinrich Jägerstätter, der bei der Hochzeit das Kind seiner Frau adoptiert. Inspiriert durch den (Adoptiv-)Großvater interessiert sich Franz als Heranwachsender für Bücher, darunter auch für religiöse Literatur. Von 1927 bis 1930 arbeitet Franz Jägerstätter im Erzabbau in der steirischen Stadt Eisenerz.
Dort fühlt er sich geistig und religiös entwurzelt und macht eine Glaubens- und Sinnkrise durch. Er kehrt jedoch als vertieft Glaubender 1930 in seine Heimat zurück. Nach dem Tod seines Adoptivvaters Heinrich Jägerstätter im Mai 1933 erbt er dessen Bauernhof. Am 1. August 1933 wird seine Tochter Hildegard unehelich geboren. Die Mutter des Kindes ist Theresia Auer, Magd auf einem Hof in der Nachbarschaft. Sie sagt später: „Wir sind im Frieden auseinander gegangen, er hat mich um Verzeihung gebeten.“ Zwischen Vater und Tochter bestand eine gute Beziehung. Im Jahr 1935 lernt er Franziska Schwaninger, Bauerntochter aus dem benachbarten Hochburg, kennen. Sie heiraten am Gründonnerstag 1936. Auf seinen Vorschlag hin unternehmen sie ihre Hochzeitsreise nach Rom. Sie bewirtschaften den Leherbauernhof. Die Ehe wird zum Wendepunkt im Leben Franz Jägerstätters. In der Folge sei er ein
Verweigerung gegenüber den Nazis – Traumbild vom „Zug in die Hölle“ Den Nationalsozialisten, die in Österreich im März 1938 die Macht übernehmen, verweigert Jägerstätter von Anfang an jede Zusammenarbeit und Unterstützung. Jägerstätter hat den Hirtenbrief des Linzer Bischofs Johannes Maria Gföllner von Januar 1933 im Ort verteilt. In dem Schreiben heißt es: „Es ist unmöglich, gleichzeitig guter Katholik und wirklicher Nationalsozialist zu sein“. Jägerstätter kannte auch die gegen den Nationalsozialismus gerichtete Enzyklika Pius XI. „Mit brennender Sorge“ aus dem Jahr 1937. Im Januar 1938 sieht er in einem Traum einen Zug, in dem immer mehr Menschen einsteigen und hört dabei eine Stimme mit den Worten: „Dieser Zug fährt in die Hölle“. Er sieht in diesem Traum, dessen Niederschrift sich heute in seinem Reliquienschrein befindet, eine Warnung vor dem Nationalsozialismus. Als einziger am Ort stimmte er im Frühjahr 1938 gegen den „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich.
Kriegsdienstverweigerung und Todesurteil Jägerstätter wird 1940 zum Militärdienst einberufen, aber auf Betreiben der Heimatgemeinde 1941 unabkömmlich gestellt. Er drückt seine Entschlossenheit aus, einer Einberufung nicht Folge zu leisten. Inzwischen hat er auch von den „Euthanasie“-Aktionen der Nazis erfahren. Mitzukämpfen, zu töten, damit Hitler die ganze Welt beherrschen könne, betrachtet er als persönliche Schuld, als Sünde. Die Mutter, Verwandte, befreundete Priester und sogar sein Bischof Josef Fließer versuchen, sein Leben zu retten und ihn umzustimmen. Seine Frau Franziska hofft zwar auch auf einen Ausweg, steht aber zu ihm in seiner Entscheidung: „Wenn ich nicht zu ihm gehalten hätte, hätte er niemanden gehabt.“ Franz Jägerstätter wird wegen „Wehrkraftzersetzung“ zum Tode verurteilt und am 9. August 1943 in Brandenburg an der Havel mit dem Fallbeil enthauptet. Ortspfarrer Jochmann war in den letzten Stunden bei ihm, fand ihn gefasst, in tiefem Frieden. Zu österreichischen Ordensfrauen sagte der Priester am selben Tag, dass er in Franz Jägerstätter dem einzigen Heiligen in seinem Leben begegnet sei. (Quelle: Online-Porträt der Gemeinde St. Radegund)
Schwierige Rezeption Lange Zeit war die Rezeption Jägerstätters von Stillschweigen, Unverständnis bis hin zu offener Ablehnung geprägt. Das bekam auch seine Witwe Franziska zu spüren, die den Entschluss ihres Mannes letztlich akzeptierte. Im Jahr 1964 brachte der amerikanische Historiker und Soziologe Gordon Zahn das Buch „In Solitary Witness: The Life and Death of Franz Jägerstätter“ über den Innviertler Bauern heraus, auf Deutsch 1967 unter dem Titel „Er folgte seinem Gewissen – Das einsame Zeugnis des Franz Jägerstätter“ erschienen. Aber erst der am Nationalfeiertag 1971 ausgestrahlte Fernsehfilm von Axel Corti „Der Fall Jägerstätter“ löste in Österreich eine Welle von Diskussionen aus. Schließlich hat sich insbesondere die oberösterreichische Historikerin und
Bestätigung des Martyriums und Seligsprechung 2007 Franziska Jägerstätter verstarb 2013 im Alter von hundert Jahren und erlebte noch 2007 mit ihren drei Töchtern die Seligsprechung. Der Vatikan bestätigt am 1. Juni 2007 offiziell das Martyrium des Kriegsdienstverweigerers. Die Seligsprechung erfolgte am 26. Oktober 2007 im Linzer Mariendom. Der liturgische Gedenktag ist der 21. Mai, der Tag seiner Taufe. Dieses Gedenken auf den Todestag, den 9. August, zu legen, wäre wegen des vorrangigen Gedenktags der bekannten Märtyrerin Teresia Benedicta vom Kreuz, Edith Stein, ermordet 1942 in Auschwitz, ungünstig gewesen. An der Kirchenaußenmauer der Pfarrkirche St. Radegund ist die Urne Franz
Zitat von Franz Jägerstätter: „… Wenn man ein wenig in der Geschichte Rückschau hält, so muß man immer wieder fast dasselbe feststellen: Hat ein Herrscher ein anderes Land mit Krieg überfallen, so sind sie gewöhnlich nicht in das Land eingebrochen, um sie zu bessern oder ihnen vielleicht gar etwas zu schenken, sondern sich für gewöhnlich etwas zu holen. Kämpft man gegen das russische Volk, so wird man sich auch aus diesem Lande so manches holen, was man bei uns gut gebrauchen kann. Denn kämpfte man bloß gegen den Bolschewismus, so dürften doch diese anderen Sachen, wie Erze, Ölquellen oder ein guter Getreideboden, doch gar nicht so stark in Frage kommen. Welcher Katholik getraut sich, diese Raubzüge, die Deutschland schon in mehreren Ländern unternommen hat und noch immer weiterführt, für einen gerechten und heiligen Krieg zu erklären?“ (zitiert nach: „Gefängnisbriefe und Aufzeichnungen“, Erna Putz, erschienen 1987) Walter Flick |