Vor 25 Jahren: Festnahme von Ranjha Masih wegen angeblicher Blasphemie

Mai 4, 2023 | Märtyrer des Monats

Foto: Ranjha Masihs Sohn Mubarik und seine Witwe Rasheeda

 

„Märtyrer des Monats Mai 2023“

 

Das Schicksal des pakistanischen Christen Ranjha geht zurück in die Zeit um den öffentlichen Suizid des damaligen Bischofs von Faisalabad, John Joseph, im Mai vor 25 Jahren. Der erste einheimische Punjabi unter den Oberhirten hatte sich am 6. Mai 1998 aus Protest gegen die Hinrichtung eines Christen wegen der angeblichen Beleidigung des islamischen Religionsstifters Mohammed vor dem Gerichtsgebäude erschossen. Um ihre Trauer und Erschütterung öffentlich zu zeigen, gingen viele Christen am folgenden Tag auf die Straße. Einige übermütige junge Leute mischten sich darunter, ein Stein flog, prallte gegen das Schild über einem Geschäft. Darauf stand ein Zitat aus dem Koran.

Der damals 51-jährige Ranjha Masih geriet ins Visier der Polizei, nachdem der Sohn des Bezirksbürgermeisters ihn dieser Beschädigung bezichtigt hatte.

Weil er sich damit der Rechtsauffassung radikalislamischer Gruppen zufolge eines todeswürdigen Verbrechens schuldig gemacht habe, wurde er am Tag der Beisetzung Bischof John Josephs, am 8. Mai 1998, in Haft genommen. Wegen dieses zeitlichen Zusammenhangs erfuhr der Fall weltweit Aufmerksamkeit.

Im Dezember 2002 besuchte ihn der pakistanische Minderheitenminister Shahbaz Bhakti im Zentralgefängnis von Faisalabad. Bhatti bezeugte daraufhin folgende Worte Masihs: „Ich wäre glücklich, wenn das Opfer meines Lebens dazu beitragen könnte, dieses schwarze Blasphemiegesetz abzuschaffen, obwohl ich fälschlicherweise da hineingezogen und für ein Verbrechen bestraft werde, das ich nicht begangen habe. Die Gebete meiner Brüder und Schwestern in Christus stärken mich.“ Bhatti fiel am 2. März 2011 selbst einem islamistischen Anschlag zum Opfer.

Am 26. April 2003 kam ein pakistanisches Bezirksgericht zu der Überzeugung, dass sich Ranjha Masih der Koranschändung schuldig gemacht habe und verurteilte ihn gemäß Paragraph 295 B des pakistanischen Strafgesetzbuchs zu einer lebenslangen Gefängnisstrafe: Islamische Fanatiker protestierten daraufhin und forderten, ihn zu erhängen. Schließlich konnte Ranjha Masihs Anwalt die Berufungsinstanz von der Unschuld seines Mandanten überzeugen: Am 10. November 2006 wurde er freigesprochen.

Bei einer persönlichen Begegnung im Jahr 2017 in der pakistanischen Stadt Lahore berichtete sein Sohn Mubarik Masih dem Stiftungsvorstand: „Nach seiner Freilassung erhielten wir Morddrohungen und wurden wiederholt angegriffen, geschlagen und beschimpft.“ Die Ausgrenzung, der Rückzug, all das habe dazu beigetragen, dass die Familieneinkünfte knapp blieben. Auf dem Rückweg vom Besuch bei einer örtlichen Hilfsorganisation, die er um Unterstützung ersucht hatte, sei sein Vater auf einem Markt erkannt, zusammengeschlagen und sehr gefährlich verletzt worden. Er kam in eine Klinik und weil das Geld nicht für die Behandlung ausreichte, das sie unter dem Zeitdruck aufbringen konnten, musste seine Familie ihn wieder von dort abholen. Am 14. Juni 2009 erlag Ranjha Masih seinen Verletzungen.

Dieser erste Träger des alljährlich vergebenen Stephanuspreises war ein einfacher Angestellter, der sich als fliegender Händler noch etwas dazu verdiente. Dieser Preis war schließlich nicht für die berühmten und einflussreichen Menschen geschaffen worden, für die es schon viele Auszeichnungen gibt. Vielmehr sollen damit die Verfolgten geehrt werden, die einer öffentlichen Unterstützung bedürfen, die sie selbst nicht aus eigener Kraft mobilisieren können.

 

DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner