Märtyrer des Monats März 2022
Der armenisch-katholische Erzbischof Ignatius Maloyan von Mardin (Tur Abdin/Südost-Türkei) war 2015 Preisträger der Stephanusstiftung für verfolgte Christen. Die Stiftung verlieh die Auszeichnung am 13. Juni 2015, zwei Tage nach seinem hundertsten Todestag, im Rahmen eines Festaktes in der Basilika St. Aposteln in Köln und überreichte einem Repräsentanten seiner mit Rom verbundenen Kirche Urkunde und Preisgeld. Bei dem posthum Geehrten handelt es sich um einen Blutzeugen, der für sein Bekenntnis ein qualvolles achttägiges Martyrium bis in den Tod hinein nicht scheute. Zusammen mit ihm wurden über 400 Christen armenischen und protestantischen Bekenntnisses umgebracht. Dabei zeigte sich die von den Päpsten seit Paul VI. oft zitierte „Ökumene der Märtyrer“. Im Jahr 2001 sprach ihn der heilige Papst Johannes Paul II. selig. Am 12. April 2015 bezeichnete Papst Franziskus die Massaker an Armeniern, Assyrern, Aramäern und Pontosgriechen im damaligen Osmanischen Reich als Völkermord.
Choukralläh Maloyan, so sein bürgerlicher Name, wurde als viertes von insgesamt acht Kindern (sieben Knaben und ein Mädchen) am 18. April 1869 als Sohn des Melkon und der Faride (Taufname Theresia) Maloyan in Mardin geboren. Auf Initiative des Gemeindepfarrers Josef Tscherian, der früh seine vielseitige Begabung erkannte, schickte ihn sein Ortsbischof Melkon Nazarian 1883 mit 14 Jahren in das Priesterseminar von Bzommar im heutigen Libanon. Anlässlich seiner Priesterweihe am 6. August 1896 nahm er den Rufnamen ‚Ignatius‘ an, aus Verehrung für den frühchristlichen Märtyrer-Bischof Ignatius von Antiochia (gestorben um 110). Im Jahr 1897 erfolgte seine Versetzung als Gemeindepriester zunächst ins ägyptische Alexandria und dann nach Kairo. Er schrieb in dieser Zeit: „Von morgens bis abends besuche ich Arme, Kranke und Bedürftige. Wenn ich mich am Abend hinlege, bin ich völlig erschöpft. Niemand kümmert sich um diese Unglücklichen … Ich hingegen bin von Freude erfüllt, da ich weiß, dass ich den Willen Gottes tue.“ Im Jahr 1904 wurde Maloyan vom armenischen Patriarchen Sorghos Bedros XII. nach Istanbul gerufen, um dessen Privatsekretär zu werden. Gesundheitliche Probleme zwangen ihn jedoch zur Rückkehr nach Ägypten, wo er bis 1910 blieb. Am 22. Oktober 1911 wurde der hochgebildete Priester, der neben Armenisch, Türkisch und Arabisch auch Italienisch, Französisch sowie Englisch beherrschte, durch die Synode der armenisch-katholischen Bischöfe in Rom zum neuen Erzbischof seiner Heimatstadt Mardin gewählt und von Patriarch Boghos Bedros XIII. Terzian geweiht. Der heilige Papst Pius X. richtete damals gleichsam prophetisch an die 1911 zur Synode versammelten armenischen Bischöfe das Wort: „Die Kirche ist eine verfolgte Kirche. Wäre die Kirche kein Opfer von Verfolgung, so hörte sie auf, die Kirche Jesu Christi zu sein und verlöre einen Beweis ihrer Authentizität.“
In den gut drei Jahren seiner dortigen Tätigkeit entfaltete Maloyan neben seinen seelsorgerischen und kirchenorganisatorischen Visitationstätigkeiten auch beträchtliche soziale Aktivitäten innerhalb seiner im Jahre 1911 von einer Hungersnot heimgesuchten Diözese.
Sultan Mehmed V. dankte ihm sein Engagement sogar mit einem ‚Ferman‘, einem speziellen lobenden Herrschererlass, der ihm noch im April 1915 von der osmanischen Regierung feierlich überreicht wurde. Nichtsdestoweniger musste der Bischof schon zu Beginn seiner Amtszeit feststellen: „Ständig schikaniert die Regierung mich und mein Volk in heimtückischer Weise. Wir tun niemandem leid, niemand versucht, diese verzweifelte Situation zu korrigieren.“
Seit dem Kriegseintritt des Osmanischen Reiches veränderte sich das innenpolitische Klima. Seit der Machtübernahme Resid Beys in der Provinzhauptstadt Diyarbakir nahmen dort die behördlichen Gewaltakte gegen die christliche Minderheit zu. Deren Ausweitung zeichnete sich ab. So erkannte auch Ignatius die heraufziehende Gefahr an Leib und Leben für sich und die ihm Schutzbefohlenen, darunter Kleriker sowie Laien. Nachdem am 30. April 1915 türkische Soldaten, ganz wie zuvor in Diyarbakir, den armenischen Bischofssitz abgeriegelt hatten, um nach angeblich versteckten Waffen zu suchen, ermahnte er Anfang Mai seine Diözesanpriester im Hinblick auf die zu erwartenden Entwicklungen und vertraute sie – für den Fall seines persönlichen Martyriums – der Fürsorge des syrisch-katholischen Erzbischofs Gabriel Tappouni an.
Am 3. Juni 1915 begann mit der Verhaftung und dem Tribunal unter der Anklage des Hochverrats der blutige Passionsweg des Bischofs und seiner Gemeinde-Notabeln, der genau acht Tage später, am 11. Juni 1915, dem Fest des Heiligsten Herzens Jesu, im Martyrium in der Nähe der Provinzhauptstadt Diyarbakir sein Ende fand. Erzbischof Maloyan weigerte sich, den Islam anzunehmen und wurde vom Polizeichef von Mardin persönlich erschossen. Er sprach im Namen aller: „Wir sind in Euren Händen, aber wir sterben für Jesus Christus!“ Mit Ignatius starben am selben Tag sein Bruder Malallah und sein Cousin Malo Amsih durch die Gewalt. Vier Wochen darauf, am 17. Juli 1915, ermordeten die Schergen auch seine mit rund zwanzig Enkelkindern gesegnete Mutter Theresia.
Bei der Seligsprechung am 7. Oktober 2001 wurde Ignatius Maloyan von Papst Johannes Paul II. mit folgenden Worten gewürdigt: „Bischof Maloyan, der im Alter von 46 Jahren als Märtyrer starb, mahnt uns an den geistigen Kampf eines jeden Christen, dessen Glaube den Angriffen des Bösen ausgesetzt ist. Tag für Tag schöpfte er aus der Eucharistie die notwendige Kraft, sein Priesteramt großherzig und leidenschaftlich zu versehen.“ (Manfred Zeidler und Walter Flick)
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