Stephanuspreisverleihung 2011

1- Zunächst möchte ich der „Stephanus-Stiftung für verfolgte Christen“ und Herrn Jochen Langer und den Mitgliedern der „Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte“ für alles danken, was sie für die Christen im Irak getan haben, besonders um für deren Lage zu sensibilisieren. Den Stephanus-Preis 2011 verstehe ich nicht nur für mich persönlich, sondern für alle Christen im Irak.

2- Die Kirche im Irak ist eine der ältesten christlichen Gemeinschaften der Welt. Das Christentum fand in Mesopotamien (später von den arabischen Moslems als Irak bezeichnet) am Ende des ersten Jahrhunderts und am Anfang des zweiten Jahrhunderts Eingang. Vor dem Kommen des Islam waren die Christen in der Region in der Mehrheit. Es gab 220 Diözesen. Aber mit der Zeit traten viele Christen zum Islam über, entweder wurden sie dazu gezwungen oder es war seine Anziehungskraft. Denn sie dachten, dass der Islam eine christliche Sekte sei. Als ein Resultat der Eroberung wurden die Christen eine gestattete Minorität. Trotz Unterdrückung und Verfolgung arbeiteten die Christen mit den Neuangekommenen in einem Status Quo zusammen und fanden einen Modus Vivendi, um ihre Rechte zu bewahren. Heute bilden etwa 25 Millionen Moslems 96% der Bevölkerung.

3-Christen im Irak

Zu Zeiten Saddam Husseins lebten etwa 850.000 Christen im Land. Seit Beginn des Irak-Kriegs 2003 wurden sie immer öfter Ziel von Terroranschlägen. Die Gewalt gegen Christen und andere Minderheiten im Irak hat viele Ursachen.

Christen im Iraq haben viel gelitten. 900 Christen wurden seit 2003 ermordet. In 52 Kirchen explodierten Bomben. – Tausende Christen sind in Nachbarländer geflohen. Andere haben sich in das kurdische Autonomiegebiet abgesetzt.  Es ist eine Tragödie. Christen haben alles verloren, ihre Häuser, ihre Arbeit. Viele hatten gute Jobs. Sie waren Lehrer, Ingenieure, Ärzte oder Geschäftsleute.

Unsere Leute haben Angst und Iraks Regierung kann uns nicht beschützen. Seit dem Jahr 2003 bis heute durchlebten die Christen eine harte Zeit.  Wir sind nur noch 400.000 Christen in unserem Land.

4- Es gibt Anzeichen, die unsere Hoffnung nähren. Extremismus und Gewalt wird nicht obsiegen. Die gegenwärtige Situation kann nicht von Dauer sein.  Dialog, die Anerkennung des anderen als Bruder – trotz aller Verschiedenheit, sogar Respekt ihm gegenüber soll das Land vor Konflikten bewahren. Ich denke, innerhalb des Islam bewegt sich irgendetwas in dieser Richtung. Ohne Dialog mit dem Islam haben wir keine Zukunft.

5-Die Zeit ist gekommen, dass die gemäßigten Muslime den Mund aufmachen. Sie sind in der Mehrheit und sie müssen zwischen den Ethnien in ihrer eigenen Gesellschaft Einigkeit und religiöse Toleranz fördern und durch ihre Taten beweisen, dass der Islam eine Religion der Toleranz und der Koexistenz ist.

Die Christen des Irak sind geflohen, weil sie sich nicht sicher fühlen und nur wenig Vertrauen in Koexistenz haben. Aber ihre Flucht ist ein Verlust auch für die muslimische Welt. Wenn die Christen gehen, bedeutet dies ein Ende ihres Beitrages, der sich durch Aufgeschlossenheit, hohe technische Fertigkeiten und ein hohes Bildungsniveau auszeichnet. Die internationale Gemeinschaft sollte uns helfen Gesetze zu schaffen, die eine offene und tolerante Gesellschaft garantieren, in der jeder von uns das Recht hat, als Bürger daran teilzuhaben und wo es weder eine unterdrückende Mehrheit noch eine unterdrückte Minderheit gibt.

6-Damit die vielen kleinen christlichen Gemeinschaften weiter bestehen können, müssen sie zusammenarbeiten. Eine kirchliche Einheit ist notwendig.

7 – Der Friede ist ein Erfordernis der ganzen Menschheit und echte Hoffnung vieler Menschen. Denn ohne Frieden gibt es kein Leben in Freiheit und Würde. Matthäus schreibt, dass Jesus in der Bergpredigt sagt:
„Selig die Friedfertigen, denn sie werden Söhne Gottes genannt werden“ (Mat.5-9).
Ich komme aus einem Land vieler Märtyrer und der verfolgten Kirche. Ich weiß, dass Gewalt und Tod, Angst und Leiden zur qualvollen Suche nach einer Zuflucht führt, für viele ins Ausland. Es genügt an das Blutbad der „Kathedrale Unserer Lieben Frau von der Immerwährenden Hilfe“ zu erinnern. In dieser Kirche in Bagdad hat es eine beträchtliche Anzahl von Todesfällen, darunter zwei junge Priester, und vielen Verletzten gegeben.  Frieden in unseren Herzen und Ländern kann uns helfen Schwierigkeiten und Hindernisse zu überwinden, auch Unterschiede zu akzeptieren und Verschiedenheit zu respektieren – anstelle jene auszulöschen, die anders sind wie wir. Friede ist Gottes Plan für uns Menschen, so wie Einheit, Wahrheit, Schönheit und Liebe. Wenn wir diesen seinen Plan akzeptieren, werden wir in Frieden leben. Dann wird vertrauter Umgang zwischen uns als Brüder erreicht. Friede wird uns wachsen lassen. Friede entwickelt sich und breitet sich aus, sobald das Konzept des Zusammenlebens der Teile der Gesellschaft in uns Wurzel schlägt und wir uns entfernen von allen Sorten des Hasses, der Feindseligkeit und der Gewalt.

Um diesen Frieden müssen wir im Gebet bitten.

Ich verspreche Ihnen, dass ich alles tun werde, was ich kann, um die Kultur des Dialogs und den Frieden zu fördern.

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